(Lothar Trolle, Märkische Pastorale, Uraufführung / Vladimir Sorokin Die Konkreten, Uraufführung, 2004, Neue Bühne Senftenberg)
Mit: Torsten Borm, Katrin Heinrich, Astrid Kohlhoff, Kai Windhövel
Chor: Margarete Bönisch, Marco Keller, Alexander Lodig, Ulrike Schneider, Martin Woznica und Claudia Blankenburg als Bianca
Regie: Sascha Bunge
Bühnenbild und Kostüme: Angelika Wedde
Dramaturgie: Ulrike Stöck
Presse: Lausitzer Rundschau, rbb Kultur
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Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt? Der tote Hase darf mit seinen PFOTEN die Bilder anfassen, er selbst trägt eine Maske aus Blattgold und Honig. Ich erklärte sie ihm, weil ich sie nicht den Leuten erklären mag ... Ein Hase versteht mehr als viele menschlichen Wesen mit ihrem sturen Rationalismus.
Joseph Beuys
Lothar Trolles Stück "Märkische Pastorale" führt schon durch den Stücktitel in die Irre. Die "Pastorale", in Musik oder Malerei auf ländlich-romantische Idylle verweisend, beschreibt hier die Tristesse einer märkischen Kleinstadt. Minutiös beobachtet, passiert kaum etwas. Vorbereitung zur Disco: Schminken, Haare stylen, die besorgten Fragen der Mutter, Warten auf den Bus. Die Disco, eine ausgediente MITROPA, ist eine Kaschemme mit Bierleichen und Zigarettendunst und aufdringlichen Männern aus dem Ausländerwohnheim. Marlies und Simone tanzen mit ihnen. Trolles Text bewegt sich zentimeterweise durch die abgestandene Luft dieser tristen Szenerie. Später der Nachhauseweg mit dem fremden Mann, der erste Kuss, Zärtlichkeiten. Nichts Sensationelles. Das soll das Leben sein, so bleiern froh? So unbeholfen sehnsüchtig? Ein Stück vom Erwachen der Gefühle. Schmerzhaft komisch und banal erregend. Und von so abgestandener Luft, dass man herausspringen muss.
Vladimir Sorokins Stück "Die Konkreten" spielt in einer vielleicht zukünftigen surrealen Welt neureicher Teens und Twens irgendwo in Moskau, könnte aber jede beliebige Disco hierzulande als Szenerie haben. Coole, abgehobene Figuren beiderlei Geschlechts fressen ekstatisch jede Art von Vergnügung in sich hinein. Je extremer desto größer ist die Selbstbefriedigung. Das reicht von Sex, Drogen und Alkohol bis zum buchstäblichen Einverleiben von Literatur. Kolja, Mascha und Maschenka lassen sich in Bücher ihrer Wahl beamen und fallen wie Piranhas über dessen Figuren her. Gierig, exzessiv, mörderisch.
Ulrike Stöck